»Keine Angst vor Verbot und Verzicht! Man sollte lieber Angst vor einem Politikverständnis haben, das davon ausgeht, dass der Staat uns nichts verbieten darf«
Prof. Dr. Philipp Lepenies
Seit Jahrzehnten ist offensichtlich, dass die Gesellschaften in den Industrieländern ihre Konsum- und Produktionsweisen massiv verändern müssen. Der Klimawandel hat diese Notwendigkeit in den letzten Jahren noch deutlicher werden lassen. Allerdings zeichnet sich gerade Deutschland dadurch aus, dass im politischen Raum und von unterschiedlichsten politischen Akteuren immer wieder so getan würde, als wären ein „weiter so“ nicht nur im Bereich des Möglichen, sondern ausdrücklich wünschenswert. Jeder Vorschlag einer Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit wird meist mit dem Argument abgebügelt, dass es sich dabei um „Verbotspolitik“ handle. „Verbot“ und „Verzicht“ sind die beiden bösen V-Worte der deutschen Politik geworden. Dahinter verbirgt sich auch ein sehr spezielles Politik- und Freiheitsverständnis: die Vorstellung, dass der Staat in keinster Weise in die individuellen Konsumentscheidungen hineinzureden habe und dass jeder und jede die Freiheit haben darf, zu tun und zu lassen (zumindest konsumtiv), was man will. In seinem Vortrag will der Ökonom und Politikwissenschaftler Philipp Lepenies herleiten, wie es zur Ausbildung der Vorstellung kommen konnte, im Staat einen Gegner zu sehen und gleichzeitig das große Ideal der Freiheit nur noch mit Konsumfreiheit gleichzusetzen. Er wird auch versuchen zu zeigen, dass man in einer Demokratie keine Angst vor Verboten haben darf. Ja, dass eine Demokratie ohne Verbote gar nicht funktionieren kann und es auch Nachhaltigkeit nicht ohne Verbote geben wird.
Philipp Lepenies, geboren 1971 in Koblenz, ist Ökonom und Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Über ein Jahrzehnt war er als Manager in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und hat Projekte in unterschiedlichen Ländern des Globalen Südens betreut. Bei dieser Tätigkeit konnte er bereits Erfahrungen damit sammeln, wie schwer es ist, Nachhaltigkeit erreichen zu wollen. Sein letztes Buch heißt „Verbot und Verzicht – Politik im Geiste des Unterlassens“ (Suhrkamp 2022).
Eintritt frei!