Die Nüchternheit und Trockenheit der konkreten Kunst, die man als klinisch empfinden könnte, hat hier ihre geistig individuelle Ausprägung. Die linearen und flächigen Formwelten anderer Bilder mögen assoziativ an Schachbretter, Gewebestrukturen oder Fliesen erinnern, weil man dazu neigt, einen Vergleich mit Bekanntem als Einordnungshilfe zu bemühen. Aber die Arbeiten weichen von solchen Vorbildern ab. Zu den rhythmisierten Flächen kommt hier der Glanz als ein Mehr. Der Raum wird mitgespiegelt, eine Tiefenirritation erzeugt, die offen lässt, wo das Licht verortet ist.

In den Modulen befinden sich frei gewählte Pausenzeichen, Unterbrechungen und Lücken, die wieder ein anderes Baumuster aufrufen. Man verfolgt den harmonischen Bildaufbau, der Ausgleich verlangt, weil es um ein Streumuster geht, das gleichförmig ohne Zentrum ist. Variationen bieten Linienbreiten, Abstände, farbige Hintergründe, Papiermaterialien, Formate, das Relief der Folienüberlagerungen. Nicht jedes Blatt ist gleich, aber alle folgen einem Plan und der Intuition. Ein natürlicher Prozess, der sich hierin auch abbildet.


Ausschnitt aus dem Werk: Kukla - WSF series

Auch Michael Kukla folgt einem selbstgesetzten Regelwerk. Vom Blattrand her zeichnete er mit einem Druckbleistift ungleichmäßige Sechsecke, die sich wie Waben aneinandersetzen. Aus Einzelentscheidungen ohne Vorraster entwickelte sich das Bild, eine wabernde Struktur, bei der die Linien hin und her wallen und nicht gerade oder gesetzmäßig im strengeren Sinne sind. Dadurch, dass ein Drittel der Sechsecke innen farbig halbseitig markiert werden, schlägt die Wahrnehmung um in eine raumhaltige Gitter-Wirkung.

Dieses Verfahren hat er weiterentwickelt mit eher organischen Ovaloiden, die konturiert sind, aber kantenlos isoliert bleiben und in der Schichtung wie reliefhafte Abmuldungen wirken. Dadurch, dass sich die Elemente nicht berühren, sind die Stege zwischen den Ovalen auch nicht gleichförmig. Fast kalligraphische Verdickungen und Ausdünnungen der Stegrestflächen bestimmen die Flächenentwicklung. Wenn nun solche ausgestanzt anmutenden Flächen in durchbrochenen Blättern übereinandergelegt werden, entsteht ein Tiefenraum, der durch die allmähliche Verdunkelung des Stehenbleibenden Teiles in Blau oder Grüntönen stärker wird. Der Künstler muss agieren, wie bei einer Hinterglasmalerei, deren vorderste Teile zuerst gemalt werden müssen. Hier heißt es, zu überlegen, welche Öffnungen noch überbleiben, wenn Überlagerungen dazukommen. Die Schichtung muss Platz lassen, wie Jackson Pollock, der Tröpfellinien in unterschiedlichen Farben addierte. Die Arbeiten sind vom Ende hergedacht. Die auf Lücke akkurat und fein abgestimmten Arbeiten haben Anflüge von Biologismus und Naturnähe ohne jugendstilig zu werden. Sie sind nicht wirklich technisch, obwohl in dem Geschaffenen der Arbeiten auch etwas Künstliches liegt.